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Literatur:
 
Rost, Martin (1996).
Wissenschaftliche Kommunikation im Netz. Vorschlag zur Entwicklung einer Diskurs-Markup-Language. In: Stefan Bollmann & Christiane Heibach (Hrsg.): Kursbuch Internet. Anschlüsse an Wirtschaft und Politik, Wissenschaft und Kultur. Mannheim: Bollmann Verlag, 413 - 423.
 
Sandbothe, Mike (1996).
Interaktive Netze in Schule und Universität - Philosophische und didaktische Aspekte. In: Stefan Bollmann & Christiane Heibach (Hrsg.): Kursbuch Internet. Anschlüsse an Wirtschaft und Politik, Wissenschaft und Kultur. Mannheim: Bollmann Verlag, 424 - 433.


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Werner Stangl, Assistenzprofessor am Institut für Pädagogik und Psychologie der Johannes Kepler Universität, Linz

Im Netz - aber kaum vernetzt

Wissenschaftliche Arbeiten im Internet am Beispiel der Psychologie

 

Wissenschaftler gelten zwar - neben den Militärs - als die frühesten intensiven Nutzer des Internets - aber das gilt hauptsächlich für Amerika. Im deutschsprachigen Raum beschränken sich die Wissenschaftler meist darauf, bestehende Publikationsformen fortzuschreiben, soll heißen: sie wissen nichts Rechtes mit dem Net und seinen Möglichkeiten anzufangen. Das gilt weithin auch im Bereich der Psychologie, immerhin haben aber viele KollegInnen das Internet zum Forschungsthema erkoren. Am 17. und 18. Mai 2001 etwa fand in Göttingen (Lehrstuhl für Sozial- und Kommunikationspsychologie) schon die 4. German Online Research Tagung statt. Im Mittelpunkt der Tagung standen vorwiegend empirische Studien, die sich mit dem Internet auseinandersetzen. Dabei geht es sowohl um das Net als Forschungsgegenstand (z.B. Internetsucht, Einsatz in der Lehre) als auch um seine Nutzung als Forschungsmedium (z.B. für die Datenerhebung oder Tests im Internet).
 
Obwohl sich wissenschaftlich arbeitende Psychologen seit mehr als fünf Jahren mit dem Internet beschäftigen, ist festzustellen, daß sich die wissenschaftliche Psychologie wenig mit netgemäßen Publikationsformen auseinandersetzt. Auf dem Server des
Psychologischen Instituts der Universität Bonn werden seit Jahren Psychologische Online Dokumente in Deutschland, Österreich und der Schweiz gesammelt, der jährliche Zuwachs hält sich allerdings in Grenzen. Für den universitären Bereich hängt das mit der Bewertung der Forschungsleistung zusammen, die noch immer an der Publikation in renommierten Fachzeitschriften gemessen wird. Allerdings häufen sich die Zweitpublikationen solcher Artikel im Net, meist über Homepages der WissenschaftlerInnen bzw. über die Institutssites. Offensichtlich wird gesehen, daß dieses Medium dazu geeignet ist, das Ansehen einer Person oder eines Instituts in der Öffentlichkeit zu heben. Als ich 1996 die erste Homepage unseres Institutes Pädagogik und Pädagogische Psychologie der Johannes Kepler Universität Linz ins Net stellte, war es in Österreich die erste in diesem Fachbereich. Zusammen mit einigen wenigen Homepages von psychologischen Instituten in Deutschland war das Angebot an Content jedoch ziemlich dürftig. Meist begnügte man sich mit einer Startseite mit Adressen, Telefonnummern, dazu kamen einige wenige inhaltliche Beiträge, meist von den MitarbeiterInnen, die die Site entwickelt hatten.


Veraltete Informationen, tote Links
 
Heute besitzt vermutlich jedes Institut im deutschsprachigen Raum eine mehr oder weniger umfangreiche Präsenz im Net. Das Content-Angebot reicht von reinen Infoseiten für StudentInnen bis zu umfangreichen mit fachwissenschaftlichen Inhalten gefüllten Wissensservices. Allerdings ist die Betreuung der Seiten oft mangelhaft; neben veralteten Informationen sind auch zahlreiche tote Links zu finden. Auch heute noch beruhen die meisten fachpsychologischen Internet-Aktivitäten auf Privatinitiativen von wenigen MitarbeiterInnen, so etwa André Hahns Server
psychologie.de, der sich gerade im Umbau befindet (links das neue Maskottchen Willi) oder Bernhard Jacobs (Universität Saarbrücken) gesammelte Psychologische Tutorials, deren Aktualisierung allerdings aufgrund des immensen Arbeitsaufwandes schon vor einiger Zeit eingestellt wurde.
 
Die Möglichkeiten zur Vernetzung dieser Inhalte mit externen Quellen wird wenig genützt. Martin Rost unternahm dazu 1996 einen bemerkenswerten Vorstoß, indem er die Entwicklung einer standardisierten
Diskurs Markup Language (DML) vorschlug. Damit sollten wissenschaftliche Texte durch eine neue Kategorie von dokumentenübergreifenden Links ineinander verschränkt werden. Ein Zitat - so die Absicht - wird derart mit einem DML-Link unterlegt, daß per Mausklick nicht nur das Originaldokument aufgerufen, sondern gleich an die entsprechende Textstelle gesprungen werden kann. So entstünde ein dichtes Netz von Texten. Um die Stabilität zu gewährleisten, müßten aber einerseits die DML-Links einen höheren Grad der Verbindlichkeit untereinander aufweisen als die heutigen HTML-Links, andererseits die Texte kontrolliert archiviert werden - jeder vom Server genommene Text würde das Netz zerreißen. Vermutlich ist dieser Vorschlag in seinen Dimensionen aber für die Publikations- und Rezeptionsgewohnheiten des Faches zu radikal.
 
Ähnliches wird übrigens auf Anregung von Tim Berners-Lee im Zusammenhang mit der Evolution des Internet zu einem
"Semantic Web" diskutiert. Nach Mike Sandbothe (1996, S. 428) würde mit der Einführung einer solchen standardisierten Form zur Verknüpfung von Textstellen die zeitaufwendige Literaturbeschaffung entfallen, so daß sich Lernende und Lehrende ganz auf die eigentlichen Inhalte konzentrieren könnten. "Es wird in Zukunft weniger Zeit verschwendet werden für die aufwendige Suche von Zitaten, für die mühsame bibliographische Recherche, für das Auffinden, Bestellen, Ausleihen eines Buches und für den manchmal nervenzermürbenden Kampf mit dem Bibliothekar, der seine Aufgabe häufig darin sieht, die Bücher vor den Lesern zu schützen, statt sie diesen zur Verfügung zu stellen". Allerdings ist das aufgrund der derzeitigen labilen und fluktuierenden Beschaffenheit des net noch weitgehend Utopie, auch wenn im wissenschaftlichen Bereich die Stabilität der Dokumente wesentlich größer ist als im übrigen Net.

International renommierte Wissenschaftsverlage arbeiten ebenfalls seit einigen Jahren an der Vernetzung ihrer Publikationen im und mit dem Internet (z.B. Oxford University Press, Macmillan Magazines Ltd., Springer-Verlag, John Wiley & Sons Inc., Elsevier Science). Im Bereich der Psychologie ist dabei bisher aber wenig Konkretes zustande gekommen. Am ehesten kann man hier angebotene Texte und Ausschnitte als Werbung für den Verkauf der Bücher sehen. Der kommerziell orientierte wissenschaftliche Bereich will sich offensichtlich Marktanteile in diesem Medium sichern und tritt somit als Konkurrent zu dem von öffentlichen Institutionen (Universitäten, Schulen) und privaten Initiativen aufgebauten globalen Wissensmarkt auf.
 
Neben den institutionellen Anbietern sind es vor allem StudentInnen, die wissenschaftliche Arbeiten aus den verschiedensten Gründen im Net anbieten. Zum einen finden sich Sammlungen von Skripten oder Mitschriften (meist als kommentierte Prüfungsliteratur), andererseits auch Seminar- oder Hausarbeiten, die auf einer persönlichen Homepage zugänglich gemacht werden.
 
Private Angebote von WissenschaftlerInnen aus dem Bereich der Psychologie sind selten - eher versuchen sich interessierte Laien an der Darstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Ihre Seiten reichen von überraschend professionell und kompetent aufbereiteten Angeboten bis zur unverstandenen oder oberflächlichen Wiedergabe von angelesenem Fachwissen. Solche Pages spannen einen weiten Bogen bis hin zur Esoterik und allgemeinen Lebensratgebern. Da werden in vielen Fällen sogar sehr bedenkliche Inhalte transportiert - worin sie sich aber kaum von den einschlägigen Printmedien unterscheiden.
 


 
 
Persönliche Erfahrungen und Initiativen
 
Seit Jahren beobachte ich ein langsames, kontinuierliches Anwachsen der Bestände psychologischen Wissens im Net. Dabei werden fachwissenschaftliche Inhalte meist in Form einer Zweit- oder Nochmalverwertung online gestellt - sie sind also nicht originär für das Internet geschrieben und aufbereitet. Ich selber arbeite seit Jahren daran, psychologisches Wissen in netgerechter Form zur Verfügung zu stellen, meine Zielgruppe ist dabei sowohl die Scientific Community als auch die interessierte Öffentlichkeit. (z. B. in
Werner Stangls Arbeitsblättern).
 
In diesen derzeit etwa knapp 3000 miteinander verlinkten Webseiten versuche ich, die für meine universitäre Lehr- und Forschungstätigkeit relevanten psychologischen Erkenntnisse in mehr oder minder webgerechter Form und in gewissem Ausmaß auch in einer für Laien verständlichen Sprache darzustellen. Die täglich 600-700 Visits zeigen, daß ein großes Interesse an diesen Inhalten besteht. Nach der Analyse der Logfiles halten sich die Zugriffe von Bildungsinstitutionen (Universitäten mit 30%, Schulen mit etwa 20%) und die von privaten UserInnen in etwa die Waage.
Dabei verlagert sich der Schwerpunkt in den letzten Jahren immer mehr in Richtung private NutzerInnen, was sich in einem Andauern der Zugriffe auch in den Abendstunden äußert (siehe Grafik). Eine entsprechende Entwicklung stelle ich auch auf der von einem lokalen Provider unterstützten webgerechteren Neu- und Weiterentwicklung
[werner.stangl]s arbeitsblätter fest.




Zweitveröffentlichungen und Archiv
 
Fast meine sämtlichen bisherigen "traditionellen" Publikationen in Fachzeitschriften, Sammelwerken oder Monographien, von denen viele schon vergriffen sind, mache ich
im Web zugänglich.
 
Dabei ist ein Teil speziell aufbereitet, andere bieten als pdf-Datei nur einen bequemeren Zugang zu den Arbeiten, die früher auf Anforderung als Sonderdrucke an KollegInnen verschickt wurden. Diese Kultur bzw. Form der Anerkennung und des Interesses für Arbeiten anderer WissenschaftlerInnen scheint heute übrigens fast ausgestorben. Vielleicht bildet die Nutzung des internet ja dafür einen zeitgemäßen Ersatz.
 
Diese Zweitveröffentlichungen, die teilweise zwei Jahrzehnte hinter der Erstpublikation erfolgen, haben mir zahlreiche neue Forschungskontakte eröffnet, und zwar vor allem zu FachkollegInnen, die erst durch das neue Medium auf diese Arbeiten aufmerksam wurden. So kommt es dazu, daß einige von mir schon vor Jahren entwickelte
Testverfahren in neuen Untersuchungen eingesetzt werden. Sie waren zwar seinerzeit in Fachzeitschriften publiziert worden, würden aber aufgrund des eher beschwerlichen Zuganges heute auf normalem Wege (Abstractssammlungen, Archive, Datenbanken) kaum noch wahrgenommen. Vermutlich schaut man heute als WissenschaftlerIn auch oder zuerst im Internet nach, wenn man etwas Konkretes sucht.
 
Ein zweites wesentliches Element meiner Arbeit mit dem Web ist die
internetgestützte Lehre, deren "Produkte" sich oft in Form einer Zusammenstellung von fachrelevanter Literatur, Arbeitsblättern und Seminararbeiten im Internet wiederfinden. Die Seiten zum Thema Jugendpsychologie sind von allen wichtigen Suchmaschinen vollindiziert worden und tauchen auch in händisch betreuten Web-Verzeichnissen auf. Tatsächlich gehören diese Inhalte neben Arbeiten zur Lehr- und Lernpsychologie zu den am meisten nachgefragten Seiten des Servers.
 
 
Online-Verˆffentlichung bringen mehr Resonanz
 
Einen Hinweis auf die Rezeption der eigenen Arbeiten im Net geben die
Backlinks - also Rückverweise auf Seiten, die ihrerseits einen Link auf eine meiner Seiten enthalten. Obwohl diese Links nur gelegentlich und nicht systematisch erfaßt werden - die Institutshomepage mit ca. 8000 Pages ist nach wie vor ein Einmannbetrieb - beträgt die Liste bisher schon weit über 400 Positionen. Sie bilden einen Citation Index der neuen Art zur Dokumentation der Rezeption wissenschaftlicher Arbeit. Hier zeigt die Online-Veröffentlichung sich den traditionellen Publikationen weit überlegen. Bei Texten in traditionellen Fachzeitschriften, die oft Auflagen von unter 500 Exemplaren haben, muß man realistischerweise von Leserzahlen im niedrigen zweistelligen Bereich ausgehen. Einzelne Webpages (etwa zum schon genannten Thema Jugendpsychologie) erreichen vergleichbare Zahlen von Abrufen schon an einem Tag. Wie sich aus den Logfiles ablesen läßt, gibt es BesucherInnen, die sich mehrere Stunden auf den Seiten des Servers tummeln, dabei handelt es sich in den meisten Fällen FachkollegInnen oder StudentInnen. Daneben finden sich in den Logfiles auch auswärtige "Stammkunden", die die Seiten regelmäßig aufsuchen und reichlich "Leserbriefe" im Gästebuch der Institutshomepage hinterlassen.
 
Ganz allmählich kommt es auch zu einer stärkeren Vernetzung des wissenschaftlichen Content. Die Referrer-Logs zeigen, daß einige Links auf Webauftritten anderer psychologischer Institute dazu führen, daß täglich mehrmals von verschiedenen UserInnen auf immer wieder dieselben Seiten zugegriffen wird, z.B. die Seiten zum
wissenschaftlichen Arbeiten. Ich habe - wie oben erwähnt - auf meiner privaten Domain mit meinen neuen Arbeitsblättern einen weiteren Schritt zur Vernetzung unternommen, indem ich zur Ergänzung auf andere ähnliche Initiativen im Net verweise, die andere Teilgebiete webgerecht aufbereitet haben. Diese Initiativen kommen alle aus dem universitären Bereich (z.B. die Universitäten Konstanz, Saarbrücken, Trier, Freiburg, Toronto), sodaß davon auszugehen ist, daß diese Zusammenhänge über längere Zeit stabil bleiben.
 
Eher zäh verläuft das vor fünf Jahren begonnene Experiment der Herausgabe eines
E-zines zur pädagogischen Psychologie. Es bekommt jedoch nur wenige Arbeiten angeboten, teils wohl wegen der Forderung der HerausgeberInnen nach webgerechter Darstellung von Forschungsergebnissen, teils wohl auch deshalb, weil diese Publikationsform für die weitere wissenschaftliche Karriere heute noch gering bewertet wird.
 
Die Erfahrungen an unserem Institut deuten darauf hin, daß diese Geringschätzung alles andere als berechtigt ist. Die Publikationen im Netz werden in einem weiteren Kreis - sowohl von Fachkollegen wie in der interessierten Öffentlichkeit - zur Kenntnis genommen als gedruckte Veröffentlichungen. Sie werden stärker in den wissenschaftlichen Diskurs eingebunden und es bilden sich um sie herum erste Ansatzpunkte einer inhaltlichen Vernetzung. Wenn es dann noch gelingt, Publikationsformen zu erarbeiten, die diese Verknüpfungsmöglichen stärker nutzen, kann es keinen Grund mehr geben, Veröffentlichung auf Papier höher zu bewerten als solche im Netz.

Werner Stangl

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